Die irdische Sanctus-Gesangs-melodie der sich abwechselnden Frauen- und Männerstimmen ist gleich zu Beginn verwoben mit den schwebenden Flötenmelo-dien, die wohl himmlische Engelsvorstellungen des 19. Jhd. assoziieren sollen.
Ansteigend wächst der ehrfurchts-voll leise F-Dur Beginn zu einer grossartigen symphonischen C-Dur-Epiphanie, denn es wird der heilige Name Gottes angerufen. "Sanctus" wird nochmals leise und ergriffen wiederholt.
Wieder in F-Dur besingt der Chor das dynamische, evolutive Innewohnen Gottes in der Schöpfung und bejubelt diese Erfahrung mit mehreren Hosianna-Rufen.
Benedictus - Allegro moderato
Ein Streichervorspiel bringt die genesungsschaffende As-Dur Melodie in den Celli und schafft sogleich eine intime milde Atmosphäre. Sie kontrastiert wohltuend mit den verklungenen, erhabenen Hosanna-Rufen: Transzendenz lässt sich auch musikalisch nicht eindimensional festmachen. Harmonisch erweist sich die Melodie als ein typisches brucknerisches Wechselspiel zwischen einfachen, liedhaften Klängen und wagnerischer Chromatik.
Nacheinander setzen dann die Solisten ein, mit ihrem Lob-Singen auf den, der da kommen wird. Zum ausdruckstarken Bass-Solo bringt der Frauenchor noch ein Wechsel-motiv ins Spiel. Mit dem Eintritt des gesamten Chores beginnt wieder das Hauptthema dieses Sonaten-satzes. Tenor und Bass singen darauf die Überleitung zum zweiten Thema.
Eingeführt von der ersten Geigen-stimme und auf den gleichen Text «Benedictus» singt der Sopran das zweite Thema, ein sich verneigen-des Bogenthema in Es-Dur, das breit und in wechselnden Har-monien ausgereizt wird. Auch der Chor schliesst sich mit seinen Benedictus-Rufen an, bevor statt einer Durchführung die allein-spielenden Geigen in weitem Bogen direkt in die Reprise hin-führen.
Die Reprise wird vom Chor ohne Solisten gestaltet. Zum ersten Thema fügt sich immer wieder das Wechselmotiv dazu. Das zweite Thema erscheint in den Holzbläsern wieder und wird im Wechsel mit dem A-capella-Gesang des Chores auf Benedictus als verkürzte Reprise wiederholt. Ein Orchesternachspiel beschliesst den Benedictus-Gesang.
Angeführt von den Solisten werden die Hosianna-Rufe festlich von Chor und Orchester wieder-holt. Gott erhaben hoch im Universum verbindet sich wieder mit dem heilenden Gott im Innern der Psyche.